Ach ja. Kelten, Germanen und Magie sind chic und hip. Willst du eine Liebesschnulze –... äh, einen historischen Roman meine ich natürlich – schreiben, lass eins der drei darin vorkommen. Oder ja, besser noch alle drei! (Schließlich ist das die magische Zahl der Götter, oder so...)
Also, man nehme die „letzte sächsische Runenmeisterin“ und den „letzten Druiden Irlands“ (und die vorletzte Runenmeisterin Sachsens, eine Kräuterhexe, eine weissagende Tänzerin und ihre runenkundige Begleiterin, einen heidnischen Pferde-priester, und einen namenlosen Geiger der mit Edda-Zitaten um sich wirft – und habe dabei immer schön im Kopf, dass das alles in einem Land spielt, das sei 400 Jahren christlich ist) und lasse diese sich im Reich Friedrich Barbarossas treffen.
Äh... Druiden? Ende des 12. Jahrhunderts?!? Sogar ganze sechs Jahrhunderte – mehr als zwanzig Generationen – nach der Christianisierung Irlands? Autsch..!

Na ja, wie auch immer, man koche eine Soap-Opera-Story á la magic:
Fürstentocher Maria liebt den Offizier Monreal. Muß aber Graf Bertold heiraten. Dessen Druiden-Söldner-Arzt und Freund Cai schwört der alten Runenmeisterin Sigrun, sich nach ihrem Tod um deren Tochter Rosalie zu kümmern. Cai und Rosalie werden ein Paar, nachdem Sigrun sie magisch mit der hierós gámos – Zeremonie verkuppelt hat. Rosalie wird die Magd Marias. Maria liebt zwar den sanftmütigen Bertold, ist aber scharf auf den finsteren Cai. Sie glaubt, er sei der Mörder Monreals, und zwingt ihn mit ihr zu schlafen, andernfalls würde sie ihn verraten. Rosalie will nichts mehr mit Cai zu tun haben, seit ihr irgendwann plötzlich klar wird, dass er als Söldner ja Menschen tötet. Maria ist von Cai schwanger und Rosalie hilft ihr das Kind abzutreiben. Maria wird klar, dass nicht Cai, sondern Rosalie Monreal umgebracht hat, und erzählt ihrem Mann Bertold nicht nur diesen Verdacht, sondern auch, dass sie mit Cai gepennt hat. Maria muß ins Kloster. Bertold bittet Cai, seine Ex, Rosalie, wegen des Mordes an Monreal zu bestrafen. Cai will Rosalie gerade verraten, als zwei magiekundige Frauen, die Rosalie helfen wollen, Cai gefangen nehmen und töten wollen. Rosalie befreit ihn. Cai wird klar, dass er sie liebt. Bertold verzeiht Maria, bevor er an einer alten Wunde stirbt und Maria kehrt aus dem Kloster zurück. Maria verzeiht Rosalie den Mord an ihrem Ex-Geliebten, da Rosalie ihr das Leben rettet. Cai und Rosalie werden wieder ein Paar und gehen nach Irland.

Man stelle dieser ganzen Lovestory ein Intro voran, in der Nornen erzählen, dass die alten Götter sterben und die Runen verloren gehen. Jedes Kapitel leite man mit einem Zitat aus der Hávamál und einer mehr oder weniger passenden Rune ein. Hauptsache es wirkt irgendwie mystisch und magisch. Jedenfalls danke für die Lacher: Im vorletzten Kapitel wird die „weißarmige Frau“ der Edda-Strophe zu einem „schweißarmigen Weib.“ (Ups, Deo versagt? Wie unangenehm...)
Auch andere Fehler sind nett: Der verhinderte Druide erinnert sich an den irischen Helden: „Cuchluchlain“... kuch luch? Keuchhusten? Hört sich ja schlimm an. Der gute Held heißt Cu-chu-lain. Wenn einem der Namen zu schwer ist, sollte man ihn vielleicht nicht benutzen. (Wie wär's mit „Finn“ stattdessen, da kann man nicht viel falsch machen.)
Und der is' auch gut: „Die Schreie der Mägde quietschten schrill, wenn einer der Männer ihnen zu nahe kam, aber Raupach lächelte stillvergnügt.“ Liebe Männer, hütet euch davor, euch Schreien der mägdischen Art zu nähern. Die quietschen sonst. (Ich frage mich immer wieder bei solchen Stellen: haben die Verlage, die sowas drucken, keine Lektoren mehr, die die eingereichten Manuskripte auf solche Logikfehler durchsehen? Werden die einfach nur durch die Rechtschreibprüfung gejagt und gut ist...?)

Dass die Autorin die Eso-Bücherabteilung als Grundlage für den Hintergrund ihrer Lovestory genommen hat (die Ritualgegenstände, die der verhinderte Druide ins Meer geworfen hat, erinnern doch sehr an Wicca.), wird nicht zuletzt bei dem Runengewerfe deutlich: Man erkennt eindeutig die beiden Bücher wieder, derer die Autorin sich bedient hat. Peinlich, echt. (Auch dass die beiden Systeme alles andere als kompatibel sind.) Ich gibt's ja zu: Ich mag keine Lovestorys mit selbstquälerischen Antihelden á la „Heathcliff” und Frauen, die erst als ach so klug beschrieben werden, dann aber die ganze Zeit über mit homongesteuerter Unvernunft agieren. Aber okay, bitte schön, jedem das seine: Nur wenn es denn eine Lovestory sein muß, dann sollte die als solche gekennzeichnet sein. Und nicht als: „...historischer Roman über [...] den Untergang einer Welt, die unsere Zeit gerade wiederzuentdecken beginnt.“ (so der Umschlagtext) Nein, nein und nochmals: Nein!!! Das ist esoterische Fantasy und nicht HISTORISCH! So etwas sorgt bei unbedarften Leser dafür, dass manche Klischees nie schwinden!

Daniela