... - Das geheimnisvolle Volk der Kelten hinterließ auch im Rheinland seine Spuren. Folgen Sie der Keltin Arduinna 2500 Jahre zurück durch die Zeit und erfahren Sie, was Magie und Schmiedekunst miteinander zu tun haben, wie Kopf-Trophäen in der Kindererziehung eingesetzt werden und welchen Brautpreis ein Krieger für seine Liebste bezahlen muss.

So stand's in der Broschüre des Rheinischen Landesmuseum Bonn. Klar, keine Frage, da mußten wir hin.

Dummerweise hatten wir die Broschüre nicht mit, so dass es einige Schwierigkeiten dabei gab, der „freundlichen“ Dame an der Kasse klar zu machen, was wir eigentlich wollen.

„Zum Vortrag über die Kelten um 16.00 Uhr.“
„So was gibt's hier nicht! Hier läuft gerade die 'Roots'-Ausstellung.“
(Sprach's und wandte sich dem nächsten Zahlungswilligen zu.)
„Öhm, Hallo..? Entschuldigung, das steht aber in Ihrem Programm...“
„Wir haben hier nur noch einen Film um 16.00 Uhr über XY.“
„Wir wollen zu keinem Film - Wir wollen zu einem Vortrag! Über die Kelten.“
(Entnervtes Geblätter in einer Mappe.)
„Es gibt um 16.00 Uhr noch eine Führung über Legionäre.“

Legionäre...?!? Aber doch nicht heute, laut Faltblatt! Na ja, Hauptsache die lassen uns erst einmal rein, dann können wir ja weiter sehen...
Da standen wir also im Foyer, warteten und hofften da richtig zu sein. Die volle Stunde kam und ging, und weder was keltisches noch was „legionärisches“ war in Sicht. (Ausgerufen wurde auch nichts, wie eine andere Museumsangestellte uns versichert hatte, die uns immerhin schon hatte sagen können, dass das Foyer der Treffpunkt für die Vorträge sei.

Irgendwann drehten wir uns dann zufällig um und bemerkten eine kleine Gruppe Leute in einer Ecke, die um eine Dame herumstanden. Einer in Karos. Aha! Schnell dazu gestellt und genauer geguckt. Ja, sie war eindeutig keltisch. (Wenn auch nichts sonst in der Nähe. Kein Exponat, nix. Wer hätte da schon das Erscheinen einer Keltin vermutet...)
Leider sprach sie wohl schon seit einigen Minuten.
Sie erklärte, dass sie uns Gästen ihr Dorf zeigen wolle, und was es alles für uns zu Essen gäbe.
Sie, Arduinna, sei die Tochter des Schmiedes, der nicht nur Schwerter und sonstige Waffen, sondern auch die anderen Dinge aus Metall für Haus und Hof fertige. Natürlich auch ihren Schmuck, den sie uns stolz zeigte. Ihr Vater, der Schmied, beherrsche auch die neue Technik des Drahtziehens, so dass er Kettenhemden für die reichen Krieger damit herstellen könne. (Kettenhemden waren bei den Kelten schon um 300 v. Chr bekannt, und sind erst später von den Römern übernommen worden.)
Eisen zu verarbeiten sei ja magisch: irgendwelche Steine zu nehmen und am Ende Schwerter zu haben, da müssen ja die Götter ihre Hände bei im Spiel haben. Denen würden die Waffen ja auch zum Schluß geweiht.
Unsere keltische Gastgeberin erzählte auch, wie sie ihren Mann kennengelernt habe, und wie das mit dem Brautpreis war.
Desweiteren berichtete Arduinna von ihrem Haus. So zum Beispiel, dass die Praktik, das Flechtwerk mit Mist – und nicht nur mit Lehm – zu bewerfen. Sie berichtete auch, woher die Einrichtung käme, so z.B. sei der Kessel ein griechisches Import-Stück. Die Griechen kämen auch um Schmuck bei ihrem Vater einzukaufen. Dafür würden sie mit den Griechen um Wein handeln, und Geschirr wie z.B. Schalen. Andere Händler kämen auch ins Dorf, nicht nur Griechen, sondern auch welche aus dem Norden, von dem sie z.B ihre schöne Bernsteinkette hätte.
Arduinna erzählte, dass sie sieben Kinder geboren, von denen jedoch nicht alle überlebt hätten.
Wegen des Themas Geburt und Gesundheit kam sie auch auf die weisen Männer und Frauen zu sprechen. Die Frauen seien eher für Kräuter und Heilung zuständig, während es die Aufgabe der weisen Männer sei, die Verbindung zu den Göttern aufrecht zu erhalten und die Sterne und den Stand der Sonne zu beobachten, um die Zeit der Aussaat und die Termine der Feste zu errechnen.
Bei diesen Festen würden die Götter und Geister geehrt, die in Quellen und Bäumen, eigentlich der ganzen Natur, lebten.

Dann ging es zur zweiten Station ins Obergeschoss zu der Figur des Germanen, der da zusammen mit dem Römer den Eingang bewacht. Von hier an wurde nicht mehr die „First-person-interpretation“ angewandt, und die Keltin Arduinna wurde zu Angharad Beyer von Rete Amicorum.
Anhand der Figur erzählte sie etwas über die Bekleidung der Kelten, da sich die germanische (Männer-)Kleidung nicht sehr von der der Kelten unterschieden habe.
Weiter ging es zum Modell des Dorfes der Eburonen, das im Rheinland gelegen, und von den Archäologen anhand der Spuren der Pfostenlöcher und Wege rekonstruiert worden war.
Im Gegensatz zu den germanischen Siedlungen waren bei den Kelten Stall und Wohnraum in getrennten Gebäuden untergebracht. Die Wände dieser Gebäude bestanden aus geflochten Weidenzweigen, die mit Lehm und Kuhmist ausgestrichen wurden. Nach persönlicher Meinung der Vortragenden seien die Wände zudem sicherlich bemalt gewesen. (Ich schließe mich der Meinung an, wenn man sieht, dass fast alles, und sei es ein noch so profan gebrauchter Alltagsgegenstand, verziert und geschmückt war; warum dann nicht auch die Wände?). Auch über die Vorratshäuser und das Nutzvieh wurde berichtet.

Die vierte Station der Führung war das Wagengrab eines keltischen Fürsten.
In Wagengräbern wurden selten zweirädrige Steitwagen gefundenen, häufiger waren die vierrädrigen. Der Typus, wie der hier im Museum gezeigte, herrschte hauptsächlich im 5. Jahrhundert vor.

Die letzte Station war an der Pfalzfelder Säule, die in die Zeit um 400 v. Chr. gehört, und von der leider nur noch der untere Teil erhalten geblieben ist. Der obere Teil ist im Laufe der letzten drei Jahrhunderte (durch häufige Transporte) verloren gegangen.
Hier wurde uns erklärt, dass die Archäologen vermuten, dass es sich bei den „Mickymaus-Ohren“ des Gesichts um überdimensionale Mistelblätter handeln würde. Die Köpfe auf Säulen werden mit dem Kopfkult der Kelten in Zusammenhang gebracht. In Frankreich zum Beispiel gäbe es den berühmten Schädelpfeiler von Roquepertuse, in dem die Köpfe nicht in den Stein gemeißelt waren, sondern es sich um echte Schädel handelte, die in Aussparungen der Säule lagen. Die Köpfe wurden als „Kraftsitz“ eines Menschen angesehen, weshalb Krieger stolz auf diese Trophäen waren, da sie sich damit die Kraft des Besiegten angeeignet hatten. Unsere Führerin meinte zudem, dass wohl der Glaube geherrscht habe, dass ein Feind, dem der Kopf abgeschlagen worden war, nicht wiedergeboren werden könnte. (Na, na, na – wird hier nicht gegen die Regel von Rete Amicorum verstoßen: Nichts behaupten, was man nicht beweisen kann? ;-) Wir halten es für äußerst unwahrscheinlich. Welcher Krieger hätte sich denn noch in die Schlacht getraut, wenn ihm dabei so ein Schicksal gedroht hatte...?)

Nach den abschließenden Worte noch mal zum ausgestellten Goldschmuck konnten dann Fragen gestellt werden. Leider sah sich häufig ein anderer Gast in der Gruppe berufen, diese zu beantworten, um mit seinem Wissen zu prahlen. Sehr lästig. Wenn unsere Führerin jedoch zu Wort kam, beantwortete sie die Fragen nach bestem Wissen und Gewissen und zur Zufriedenheit der Fragesteller.

Nun, war alles erfüllt, was in der Ankündigung versprochen war?

Schon. Auch wenn der Zusammenhang von Magie und Schmiedekunst nur mit einem nichts-sagenden Satz abgehandelt worden war. (Da mich besonders dieses Thema sehr interessiert hat, fand ich das sehr schade, auch wenn mir klar war, dass darüber kaum belegtes Wissen besteht. Aber immerhin war ich damit zum Vortrag gelockt worden...)
Unser Fazit jedenfalls: Zwar haben wir mit unserem bestehenden Vorwissen über die Kelten nichts wirklich Neues erfahren, aber das was gesagt wurde, ergab ein rundes Bild, und ist auch eine echte Basis für alle „Neueinsteiger“ in das Thema.

Was ärgerte, ging eigentlich wieder mal auf das Konto des Landesmuseums. Einmal die inkompetente und unfreundliche Abfertigung an der Kasse. Dann wurde der Beginn des Vortrags auch nicht durchgesagt, so dass wir den Anfang verpasst haben, weil wir nun leider nicht in die Ecke geguckt hatten, wo er dann verspätet anfing. Zudem war schade, dass der Beginn der Führung an keinem keltischen Exponat begann, und zu allen anderen Ausstellungsstücken durch das Museum gepilgert werden mußte, da das Ausstellungskonzept nicht nach Zeiten und Kulturen geordnet ist, sondern nach Oberthemen wie „Religion“ - Was dazu führt, dass sibirische Schamanen, Kelten, Römer und Franken zusammengefasst werden. (Was sicherlich bei dem einen oder anderen Besucher einen falschen Eindruck erwecken könnte: „Eh alles das gleiche...“)

„Rete Amicorum“, vor der unsere Führerin kam, ist ein Zwei-Mann-Dienstleistungsunternehmen aus Aachen, das historische Interpretationen für Museen und andere kulturelle Einrichtungen entwickelt und veranstaltet. Sie bieten historische Führungen und Vorträge nicht nur über die Kelten.
Siehe: www.rete-amicorum.de

Text: Daniela M.; Photos: H. Kaiser